Einleitung
Viele Unternehmen unterschätzen das Thema Datenschutz oft aus Unwissenheit oder Fehleinschätzungen. Aussagen wie „Dafür sind wir zu klein“, „Unsere IT regelt das schon“ oder „Wir arbeiten doch gar nicht mit sensiblen Daten“ sind in vielen Betrieben keine Seltenheit. Doch genau solche Annahmen bergen Risiken.
Im Gespräch mit Dr. Bernd Schmidt gehen wir zehn weitverbreiteten Irrtümern auf den Grund, die in der Unternehmenspraxis immer wieder auftauchen. Denn Datenschutz betrifft längst nicht nur große Konzerne. Datenschutz ist ein wesentlicher Bestandteil moderner Unternehmensführung, stärkt das Vertrauen und schützt vor rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen.

Dr. Bernd Schmidt ist Rechtsanwalt,
Fachanwalt für IT-Recht, zertifizierter Datenschutzbeauftragter (GDDcert.) und CIPP/E und Gründungspartner von PLANIT // LEGAL.
Er vertritt und berät Mandanten in allen Fragen des Datenschutz- und IT-Rechts. Schwerpunkte seiner Tätigkeit ist die prozessuale Vertretung in gerichtlichen und aufsichtsbehördlichen Verfahren und die strategische Datenschutzberatung.
Weitere Informationen finden Sie hier:
PLANIT // LEGAL
Irrtum 1: „Wir sind ein kleines Unternehmen – die DSGVO betrifft uns nicht.“
Dr. Bernd Schmidt: Ein häufiger Denkfehler. Die Datenschutz-Grundverordnung gilt für alle Unternehmen, die personenbezogene Daten verarbeiten – unabhängig von ihrer Größe. Selbst ein Ein-Mann-Betrieb, der eine Kundendatenbank pflegt oder Rechnungen schreibt, unterliegt der DSGVO. Je nach Umfang der Verarbeitung gibt es unterschiedliche Anforderungen, aber rausfallen tut niemand. Gerade kleine Unternehmen unterschätzen das – bis es zu spät ist.
Irrtum 2: „Wir speichern doch nur geschäftliche Daten, keine privaten.“
Dr. Bernd Schmidt: Häufig wird übersehen, dass personenbezogene Daten nicht gleichbedeutend mit privaten Daten sind. Auch geschäftliche E-Mail-Adressen wie vorname.nachname@firma.de, Telefonnummern oder Bewerbungsunterlagen sind personenbezogene Daten im Sinne der DSGVO. Sobald eine Person identifizierbar ist, greifen die Regeln. Wer also Kundendaten, Kontaktdaten von Geschäftspartnern oder Mitarbeiterinformationen verarbeitet, muss sich mit dem Datenschutz ernsthaft auseinandersetzen.
Irrtum 3: „Wir haben einen IT-Dienstleister – der kümmert sich schon um alles.“
Dr. Bernd Schmidt: IT-Dienstleister können bei der technischen Umsetzung helfen – aber die Verantwortung bleibt immer beim Unternehmen. Auch wenn ein externer Partner die Infrastruktur betreibt oder E-Mails verwaltet, müssen Verträge zur Auftragsverarbeitung geschlossen werden. Außerdem braucht es klare Anweisungen, Dokumentation und regelmäßige Kontrolle. Datenschutz lässt sich nicht komplett auslagern – er muss Teil der eigenen Unternehmensführung sein.
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Irrtum 4: „Wir brauchen keinen Datenschutzbeauftragten – wir haben ja nur 10 Mitarbeiter.“
Dr. Bernd Schmidt: Tatsächlich ist ein Datenschutzbeauftragter erst ab 20 regelmäßig mit Datenverarbeitung beschäftigten Personen gesetzlich vorgeschrieben. Aber: Auch unterhalb dieser Grenze gilt die DSGVO – und die Pflichten bleiben. Unternehmen müssen technisch-organisatorische Maßnahmen umsetzen, Verzeichnisse führen, Prozesse dokumentieren und Anfragen beantworten können. Ein externer Datenschutzberater kann auch ohne Verpflichtung eine sinnvolle Unterstützung sein – vor allem, wenn intern das Know-how fehlt.
Irrtum 5: „Wir machen doch nichts Illegales – da kann nichts passieren.“
Dr. Bernd Schmidt: Datenschutzverstöße passieren oft nicht durch böse Absicht, sondern durch Unwissenheit, Nachlässigkeit oder fehlende Prozesse. Eine falsch adressierte E-Mail mit personenbezogenen Daten kann bereits ein meldepflichtiger Vorfall sein. Oder ein veraltetes Kontaktformular, das unverschlüsselt Daten überträgt. Das Problem: Schon kleine Fehler können zu Bußgeldern oder Imageschäden führen. Prävention ist hier der beste Schutz.
Irrtum 6: „Unsere Kunden interessiert Datenschutz nicht – Hauptsache, es funktioniert.“
Dr. Bernd Schmidt: Viele Unternehmen glauben, Datenschutz sei für die Kundschaft nebensächlich. Das mag vor ein paar Jahren gestimmt haben – heute ist das anders. Nutzer erwarten zunehmend Transparenz, Sicherheit und Fairness. Datenschutz wird zu einem Wettbewerbsfaktor: Wer verantwortungsvoll mit Daten umgeht, baut Vertrauen auf. Und das ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil im Marketing, im Vertrieb und bei der Kundenbindung.
Irrtum 7: „Wir nutzen nur Standard-Tools – da ist der Datenschutz automatisch geregelt.“
Dr. Bernd Schmidt: Tools wie Cloud-Dienste, CRM-Systeme oder Newsletter-Software sind praktisch – aber sie entbinden das Unternehmen nicht von der Verantwortung. Gerade bei US-Anbietern muss geprüft werden, wo die Daten gespeichert werden, ob ein Auftragsverarbeitungsvertrag vorliegt und welche Daten verarbeitet werden. Nur weil ein Tool weit verbreitet ist, heißt das nicht, dass es datenschutzkonform eingesetzt wird. Der Teufel steckt oft im Detail – und genau dort liegt auch die Haftung.
Irrtum 8: „Datenschutz verhindert Digitalisierung.“
Dr. Bernd Schmidt: Das Gegenteil ist der Fall. Datenschutz kann Digitalisierung sogar strukturieren und beschleunigen. Wer Datenverarbeitung von Anfang an sauber dokumentiert, Prozesse standardisiert und Risiken minimiert, schafft stabile und zukunftssichere Strukturen. Datenschutz zwingt Unternehmen dazu, genau hinzusehen – und genau das ist in der Digitalisierung ein Erfolgsfaktor. Zudem entsteht durch datenschutzkonforme Systeme ein echtes Vertrauensfundament für Kunden und Partner.
Irrtum 9: „Unsere Mitarbeiter sind vorsichtig – da brauchen wir keine Schulungen.“
Dr. Bernd Schmidt: Auch das ist gefährlich. Viele Datenschutzpannen entstehen durch einfache Bedienfehler: ein falsch angeklickter Anhang, ein offenes E-Mail-Feld bei einem Serienversand, ein vergessenes Laptop im Zug. Technische Maßnahmen allein reichen nicht – die Mitarbeitenden müssen sensibilisiert und regelmäßig geschult werden. Datenschutz beginnt beim Verständnis und Bewusstsein für Risiken im Alltag.
Weitere Informationen zu der Wichtigkeit von Mitarbeiterschulungen finden Sie in unserem Blog-Beitrag. Sie haben Interesse an // PRIMA als Lern-Management-System? Buchen Sie sich jetzt einen Beratungstermin! |
Irrtum 10: „Wenn mal was schiefläuft, kriegt das eh keiner mit.“
Dr. Bernd Schmidt: Das kann ein sehr teurer Irrtum sein. Die DSGVO verpflichtet Unternehmen, bestimmte Datenschutzverstöße innerhalb von 72 Stunden an die Aufsichtsbehörde zu melden – und in manchen Fällen auch an die betroffenen Personen. Wer hier zögert oder vertuscht, riskiert nicht nur hohe Bußgelder, sondern auch massiven Reputationsverlust. Offenheit, Transparenz und ein funktionierendes internes Meldewesen sind entscheidend – und werden im Ernstfall positiv bewertet.
Fazit
Datenschutz ist kein Hindernis, sondern ein Wettbewerbsvorteil. Unternehmen, die mit den Daten von Kunden, Partnern und Mitarbeitenden verantwortungsvoll umgehen, schaffen Vertrauen, minimieren Risiken und stärken ihre digitale Zukunftsfähigkeit.
Die größten Probleme entstehen nicht durch bösen Willen, sondern durch Unklarheiten und alte Denkmuster. Wer sich frühzeitig mit Datenschutz beschäftigt, baut nicht nur Sicherheit auf, sondern auch Professionalität und Glaubwürdigkeit – intern wie extern.
Es lohnt sich also, mit den Irrtümern aufzuräumen und Datenschutz als das zu sehen, was er ist: ein integraler Bestandteil moderner, nachhaltiger Unternehmensführung.